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Kurzbeschreibung des Studientexts "Informatik und Geschlechterdifferenz"
Britta Schinzel, Nadja Parpart, Till Westermayer (1999)
hrsg. von Sylvia Rizvi, Herbert Klaeren
Es wird Studentinnen und Studenten schon selbst aufgefallen sein: Der
Frauenanteil unter den Informatikstudierenden ist sehr gering. Nur eine
von zehn Immatrikulierten ist weiblich.
Der weibliche Computerhacker - hierzulande ist er ein recht ungewöhnliches
Bild.
Allerdings war das nicht immer so. In den 70er Jahren studierten in
der BRD noch mehr als doppelt soviele Frauen dieses Fach. Und blicken wir
über den Tellerrand unserer Kultur hinaus, so stellen wir Erstaunliches
fest: In anderen Ländern tummeln sich sehr viele Frauen in Wissenschaftszweigen,
die bei uns männerdominiert sind. Malaysia etwa hat unter den Informatikern
einen Frauenanteil von 52 Prozent. In Italien, Spanien, Portugal und Frankreich
sind es etwa 50 Prozent.
Es ist offenbar nicht die Natur - und damit scheinbar natürliche
Begabungen und Fähigkeiten -, die Frauen vom Informatikstudium oder
-beruf abhält. Viel eher scheinen soziale und ökonomische
Faktoren eine Rolle zu spielen.
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Ist es z.B. nur ein Zufall, daß der Anteil männlicher Studenten
der Informatik in Deutschland gestiegen ist, seit das Fach sich etabliert
und man mit Informatik beste Karrierechancen hat?
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Oder die Kindererziehung, die sich hierzulande mit normaler Berufstätigkeit
kaum verbinden läßt, ist fast ausschließlich Aufgabe der
Frau - eine soziale Regelung, aber keine natürliche Regung. Auch wenn
es manchem so erscheinen mag - schließlich wird jeder von klein auf
für seine spätere Rolle erzogen, so daß individuelle Auffassungen
mit sozialen Zuschreibungen häufig übereinstimmen.
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Der Studientext greift Vorstellungen von scheinbar natürlichen, typisch
weiblichen oder männlichen Befähigungen auf. Die AutorInnen wollen
zeigen, wie diese sog. Geschlechterstereotypen dazu beitragen, daß
Studienfächer und Berufsfelder als ungeeignet für Frauen betrachtet
werden.
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Der Schule kommt dabei ein zentraler Stellenwert zu. Sie sorgt trotz aller
Koedukation - manche Pädagogen meinen auch, wegen der Koedukation
- für die geschlechts- differenzierende Ausbildung von
Fähigkeiten, die dann als typisch männlich bzw. weiblich gelten.
Dieses geschlechtsdifferenzierende Menschenbild hat sich in der Informatik
niedergeschlagen. Durch das weitgehende Fehlen von Frauen in der Informatik,
durch den Anpassungsdruck an das männlich geprägte Fach, den
Informatikerinnen erfahren, fehlen der Informatik all jene Fähigkeiten,
die Frauen mitbringen.: z.B. die Fähigkeit zur Kooperation,
zum ziel- und zweckgerichteten Einsatz von Technik, zur Diskussion auch
nicht technischer Lösungswege, zur Kommunikation mit und Einbeziehung
von anderen Beteiligten oder IT-Einsatz-Betroffenen. Solche Eigenschaften
sind allerdings genausowenig wie Begabungen qua Natur mit dem Geschlecht
verbunden. Sie sind sozial gemacht.
Die AutorInnen wollen in diesem Studientext die häufig verinnerlichten
Muster von scheinbar "typisch" weiblichen und männlichen Fähigkeiten
und Fachrichtungen aufspüren und aufbrechen. Ziel der kritischen
Analyse ist, dem Fach Informatik Impulse zur Verbesserung zu geben. So
soll sich die Perspektive eröffnen, daß eines Tages geschlechtsspezifische
Sozialisationen keine Rolle mehr in diesem Fach spielen werden.
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Informatik und Gesellschaft
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Last modified: Tue May 19 14:36:42 MST 2009
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