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up: 2.6 Die Durchführung als Workshopkonzept
2.6.1 Was ist ein Workshop?
In einem Workshop wird gemeinsam und zielorientiert an einer Aufgabe
gearbeitet, die nicht von einem Einzelnen bewältigt werden kann, weil
- sie sehr umfangreich ist;
- zu ihrer Bewältigung Expertenwissen aus verschiedensten
Gebieten benötigt wird;
- verschiedene Personen an ihr interessiert oder beteiligt sind;
- man gemeinsam an einem Thema arbeitet.
Die Teilnehmer eines Workshops
- sind Experten auf einem Gebiet: Sie verfügen über dezidierte
Meinungen und einen spezifischen Wissenshintergrund. Dies gilt nicht
nur für Manager, Wissenschaftler und Politiker. Auch Studierende
können als Experten gelten, wenn sie über angelerntes oder selbst
eigens erfahrenes Wissen verfügen;
- haben ein individuelles Anliegen oder eine spezifische Frage;
- scheuen sich nicht, ihr Wissen, ihre Anliegen oder ihr
spezifisches Problem den anderen Workshopteilnehmern mitzuteilen;
- sind im Allgemeinen wenig empfänglich für Belehrungen oder
Standardlösungen ,,von der Stange'';
- erhoffen sich Ergebnisse vom Austausch mit den anderen
Workshopteilnehmern (jedoch nicht unbedingt vom Workshopleiter!);
Die Homogenität der Gruppe der Teilnehmer
- ist vergleichsweise hoch in Bezug auf Anliegen oder Fragen: Es
herrscht der Wille vor, gemeinsam ein vorher bekanntes Ziel zu
erreichen;
- ist geringer in Bezug auf die vorhandenen
(Teil-)Expertisen: Wenn alle Teilnehmer über das gleiche Wissen
verfügen würden, wäre die Kooperation wenig fruchtbar. Dies gilt
gleichermaßen für zu heterogene Gruppen.
Als Basislektüre für die Planung und Moderation von Workshops
emfehlen wir [Kellner 1995].
Die Leitung eines Workshops beansprucht keine herausragende
inhaltliche Kompetenz. Ihre Aufgabe besteht in der Vorbereitung und
Moderation der Veranstaltung, nicht in der Inhaltsvermittlung.
Im Vorfeld des Workshops engt die Leitung das Thema, die zu
behandelnde Fragestellung und das angestrebte Ziel so ein, dass es in
dem vorgesehenen Zeitrahmen erfüllbar ist. Dazu gehört auch, dass
die Ankündigung des Workshops möglichst konkret ist!
Während des Workshops
- führt die Leitung in Themen ein, protokolliert und fasst das
Diskutierte zusammen;
- achtet die Leitung auf die Zeitplanung (darunter auch die
Einhaltung der Pausen!);
- moderiert die Leitung Diskussionen, ohne inhaltlich
einzuwirken;
- bringt die Leitung die Diskussionsteilnehmer zurück zum
Thema, falls diese zu sehr davon abweichen;
- führt die Leitung die Diskussionsteilnehmer auf
übergreifende Fragen zum Thema, falls sie sich zu sehr an
Detailfragen ,,festbeißen'';
- ändert die Leitung die Tagesordnung, falls dies von der
Mehrheit der Teilnehmer gewünscht ist;
- visualisiert die Leitung die Diskussionsinhalte;
- versucht die Leitung, Konflikte
- proaktiv durch geschickte Moderation nicht virulent werden
zu lassen;
- reaktiv durch Konfliktmanagement oder Mediation zu
handhaben. Letzteres erfordert eine fundierte Ausbildung!
Warum Workshops in der Hochschule?
Die Arbeitsform ,,Workshop''
- ist eine wichtige Veranstaltungsform gleichermaßen für
Wissenschaft und Praxis;
- ist eine vergleichsweise institutionalisierte Arbeitsform;
Vorgehen, benötigte Methodenkenntnisse und Rollenverteilungen
zwischen ,,Teamer'' und Teilnehmer sind in der Literatur
vergleichsweise gut dokumentiert;
- fördert in besonderer Weise Schlüsselqualifikationen, darunter
besonders die Methodenkompetenz;
- ist zielorientiert, teilnehmeraktivierend und diskursiv. Dies
entspricht in besonderer Weise der Forderung konstruktivistischer
Lerntheorien.
Die Durchführung eines Workshops ist eine anspruchsvolle Aufgabe.
Die Fertigkeiten für die Durchführung eines Workshops können nur in
praktischem Tun angeeignet werden. Dazu ist es unerlässlich,
Studierenden schon früh im Schutzbereich der Ausbildungsstätte
authentische Erfahrungsmöglichkeiten zu bieten. Es erfordert sehr
viel Mut, diese Fertigkeiten erstmals dann zu erproben, wenn man schon
eine verantwortliche Stellung bekleidet. Auch unter dieser Perspektive
ist unser Workshopkonzept in hohem Maße praxisrelevant.
Weiter: 2.6.2 Der Start-Workshop
Johannes Busse, August 10, 1999