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up: 2 Das Verbundkonzept
2.4 Der Einsatz des WWW
Ein wichtiges Ziel in der Lehre von I&G ist die Bildung von
Diskussionsgemeinschaften.
Auch wenn in der Lehre von I&G face to face-Lehre eine wichtige
Rolle spielt, kann technisch mediierte Kommunikation der
Lerngemeinschaft dienen - ganz besonders dann, wenn verschiedene Dozenten
an verschiedenen Orten ähnliche Veranstaltungen anbieten und die
Studierenden zu einer einzigen Diskursgemeinschaft zusammenführen
wollen.
Mögliche Aufgaben technisch mediierter Kommunikation sind:
- Information Broadcasting, Document Repository
- Verbreitung und
kanonische Ablage von Informationen. Technische Unterstützung durch
- E-Mail, Mailinglisten, Newsgroups zur one to one und
one to many-Kommunikation;
- WWW-Server, gemeinsam verwaltete elektronische
Arbeitsbereiche oder Document Management Systeme zum Zweck der
kanonischen Ablage und des Retrievals von elektronischen
Dokumenten wie Teilnehmer-Texte, Linksammlungen etc.;
- CSCW-Systeme zur Unterstützung von Lernen durch Kooperation;
- Verknüpfung unterschiedlicher Veranstaltungen
- Lehrende wie
Lernende können Veranstaltungen in unterschiedlichen Regionen
inhaltlich verknüpfen:
- Die einzelnen Lehrenden werden in der Phase der
Materialsammlung für eine Veranstaltung entlastet, da sie sich
leichter abstimmen können;
- Den Studierenden bieten sich vielfältigere Perspektiven auf
einen Inhalt.
- Erweiterung des Diskurskreises
- Im WWW kommen ganz
unterschiedliche Kontakte zu Personen außerhalb der eigenen
Lebenswirklichkeit zustande.
- Konstruktion einer ,,kritischen Masse'' von Diskutierenden
-
Durch technisch mediierte Kommunikation können sich auch
Gruppen von thematisch ähnlich Interessierten zusammenfinden,
- die vor Ort nicht auf einander getroffen wären,
- die in unterschiedlichen Institutionen lernen oder arbeiten, und
- die aus der Asynchronität der Kontakte Nutzen ziehen.
Wir regen die Studierenden an, die technisch mediierten
Kommunikationsmedien besonders auch als ihre Plattform zu
begreifen:
- Das WWW als vergleichsweise ,,anarchisches'' Medium eröffnet
den Studierenden auf technischer Ebene eigenverantwortete
Kommunikations- und Entscheidungs-Spielräume (dies darf
metaphorisch und wörtlich verstanden werden).
- Durch geeignete Konfigurationen von CSCW-Systemen versuchen wir,
weitgehend egalitäre und transparente Kooperationsstrukturen zu
schaffen. (So nutzten wir zum Beispiel für ein Seminar einen
öffentlichen BSCW-Server der GMD
derart, dass allen Beteiligten am Seminar (incl. dem Dozenten)
vollständig egalitäre Rechte eingeräumt waren.)
- Sobald der Ablauf einer Lehrveranstaltung nicht mehr an die
Anwesenheit eines Dozenten gebunden ist, kann der Kontakt zwischen
den Studierenden unter einander eine andere Qualität annehmen.
Insgesamt unterstützt unsere Weise des Medieneinsatzes eine
,,demokratische'', auf Mitsprache und Mitveranwtortung der Teilnehmer
aufbauende Lehr- und Lernkultur.
Der Veranstaltungsreader:
Eine besondere Rolle spielt in unserem Konzept der
Veranstaltungsreader. Wir plädieren dafür, sämtliche für eine Lehreinheit relevanten
Materialien den Teilnehmern schon vor Beginn der Veranstaltung
zugänglich zu machen.
Gute Tradition ist es, in einem Veranstaltungsreader die Inhalte der
Veranstaltung (zum Beispiel Texte, mögliche Themen oder Fragestellungen dazu)
anzukündigen.
Um die ,,Verbraucherfreundlichkeit'' des Lehrangebots zu erhöhen,
halten wir es für empfehlenswert, über die Inhalte
hinausgehend vorab ebenfalls anzukündigen:
- Lehr- bzw. Lernziele
- Gründe oder Ziele, warum wir die
vorgeschlagenen Inhalte oder Themen als relevant für die
Studierenden einschätzen;
- Lernaufwand
- Der Lernaufwand des Stoffes, formuliert in
Wochenstunden oder Arbeitstagen, möglicherweise ergänzt durch
Schwierigkeitsgrad, benötigtes Vorwissen oder andere hilfreiche
Vorkenntnisse.
- Erfolgskriterien und Bewertungsgrundlagen
- Selbstkontrolle und
Lernen aus Fehlern ist nur dann möglich, wenn die Studierenden die
Leistungsbeurteilung nicht nur nachvollziehen, sondern auch
wechselseitig selbst durchführen können.
- Anliegen des Dozenten
- Gründe, aus denen der Dozent an den
vorliegenden Inhalten und der vorliegenden Veranstaltung
interessiert ist, oder auch, welchen Nutzen er sich aus dem Dialog
mit den Studierenden erhofft.
- Kontextuelle Relevanz
- Einbettung der Veranstaltung in einen
Praxis- oder Forschungskontext.
Eine frühe Offenlegung dieser Punkte ...
- verringert die drop out-Quote, weil die Studierenden
dadurch ,,ihre'' Veranstaltung gezielter auswählen können;
- erhöht die Verbindlichkeit der Studierenden untereinander
und zu den Dozenten, wenn die Entscheidung zur
Veranstaltungsteilnahme auf einem informed consent
beruht;
- entspricht den Anforderungen eines zukünftigen offenenen
Bildungsmarktes.
Eigene erste Forschungsbemühungen der Studierenden werden angeregt,
indem verschiedene Materialien zum Teil Thesen enthalten, die sich
gegenseitig widersprechen oder Welt- und Menschenbilder nebeneinander
stellen, die teilweise höchst gegensätzliche Folgerungen nach sich
ziehen.
Unerlässlich sind dann allerdings auch ergebnisoffene Fragstellungen.
Wenn das gleiche Thema mehrfach vergeben wird, lassen sich
unterschiedliche Lösungsansätze gegenüberstellen.
Weiter: 2.5 Mögliche Lernorte
Johannes Busse, August 10, 1999